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Nr. 1 / 2021
Arabische Philosophie

Arabische Philosophie zwischen Akademie und Öffentlichkeit

Im Hinblick auf die zeitgenössische arabische Philosophie kann mehrfach von einer Asymmetrie gesprochen werden. Sadiq al‑Azm beklagte die „asymmetrische Aufmerksamkeit“, wonach Philosophierende aus der arabischen Welt nicht als solche, sondern lediglich als Expertinnen und Experten für den Islam oder gar als homo islamicus wahrgenommen werden (vgl. Dhouib 2018, 137). Nach der von Jürgen Habermas beobachteten „Asymmetrie der Verständigungsverhältnisse“ sind Philosophinnen und Philosophen aus der MENA-Region (Middle East & North Africa) über aktuelle philosophische Debatten in Deutschland bestens im Bilde, umgekehrt wissen aber deutsche Kolleginnen und Kollegen über die Philosophie in der MENA-Region sehr wenig (vgl. Seidel 2016, 15).[1] Und schließlich gibt es die Asymmetrie zwischen der regen philosophischen Aktivität der zeitgenössischen arabischen Philosophie und ihrer marginalen globalen Wahrnehmung (vgl. Moser 2018, 12). Der vorliegende Aufsatz möchte dazu beitragen, diese Asymmetrie auszugleichen und die Bekanntheit der zeitgenössischen arabischen Philosophie in ihrer akademischen Praxis und öffentlichen Relevanz zu erhöhen.

Philosophie wird in allen arabischen Ländern auf akademischem Niveau unterrichtet, und an zahlreichen arabischen Universitäten in fast allen arabischen Ländern der MENA-Region gibt es eigene Abteilungen für das Fach Philosophie (auf Arabisch wird es falsafa genannt). Die Geschichte der arabischen akademischen Philosophie ist mit der Entstehung der modernen arabischen Universitäten nach der Unabhängigkeit der arabischen Staaten im 20. Jahrhundert und der damit einhergehenden Modernisierung des Bildungssektors sowie mit späteren bildungspolitischen Entscheidungen verknüpft. Von der Gründung und Genese dieser arabischen akademischen Philosophie handelt der erste Abschnitt des vorliegenden Beitrags. 

Trotz der faktischen Existenz der arabischen akademischen Philosophie wird diese manchmal von Personen, die mit der Sache nicht vertraut sind, abgewertet oder gar negiert.[2] Es wird vermutet, dass es sich hierbei möglicherweise nicht wirklich um Philosophie handeln könnte oder dass die Präsenz des Islam oder autoritativer politischer Systeme die Entwicklung philosophischer Gedanken unterbinden würden. Tatsächlich sind mehrere Fälle bekannt, in denen Philosophinnen und Philosophen aus religiösen oder politischen Gründen heftig angegriffen wurden. Einige solcher „Affären“ und die dabei involvierten philosophischen Positionen werden im zweiten Teil dieses Beitrags thematisiert. Im dritten Teil werden diese, den Bogen zurück zur arabischen akademischen Philosophie schlagend, im Lichte der Entwicklung der zeitgenössischen arabischen Philosophie betrachtet.

 

Genese der arabischen akademischen Philosophie[3]

Die Geschichte der philosophischen Abteilungen an den modernen arabischen Universitäten ist so vielfältig wie die Universitäten zahlreich sind. Ich werde mich im Folgenden auf ausgewählte Beispiele beschränken, die jeweils für bestimmte Charakteristika der zeitgenössischen arabischen Philosophie insgesamt als paradigmatisch gelten können.

Aufgrund ihrer Pionierrolle muss an erster Stelle die philosophische Abteilung der Universität Kairo genannt werden. Die Universität Kairo (vormals Nationale Ägyptische Universität und später Universität Fuad) entstand 1908 als erste moderne arabische Universität in der gesamten arabischen MENA-Region.[4] Seit ihrer Gründung wurde hier Philosophie unterrichtet. Wie bei allen neu entstehenden Institutionen bestand die erste Herausforderung darin, qualifizierte Lehrpersonen zu finden. Für die philosophischen Lehrinhalte rekrutierte die Universität Kairo einerseits aus dem Ausland. Während der ersten Jahre kamen auf diese Weise unter anderem die Orientalisten David Santillana aus Italien, Louis Massignon aus Frankreich und Compte de Galarza aus Spanien nach Ägypten (vgl. Reid 1987, 54–56). Später dominierten Professoren aus Frankreich, unter ihnen André Lalande, Émile Bréhier und Alexandre Koyré.

Neben den französischen Lehrkräften unterrichteten auch Ägypter, die ihre philosophische Bildung im Ausland erworben hatten, so etwa Yousef Karam (1886–1959; Studium und Dissertation in Philosophie an der Sorbonne, Paris). Auch Abgänger der islamischen Hochschule Kairos, der Azhar, oder der 1871 gegründeten Institution für säkulare und religiöse Lehrerbildung Dār al-Funūn (wörtlich Haus der Wissenschaften) wurden für die neu entstandene akademische Philosophie rekrutiert. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass Philosophie bereits vor der Gründung moderner Universitäten in unterschiedlichem Ausmaß und aus verschiedenen Perspektiven Bestandteil der höheren Bildung in der arabisch-islamischen Welt gewesen war. An islamischen Hochschulen wie beispielsweise der Azhar in Kairo (laut eigenen Angaben gegründet im Jahre 965) wurde die islamische Philosophie gelesen sowie daraus insbesondere auch die Logik und Argumentationslehre im Rahmen der Theologie und des islamischen Rechts verknüpft mit dogmatischen, religionsrechtlichen und apologetischen Zwecken gelehrt. So war es möglich, dass der Azharit Mustafa Abdurraziq (1885–1947) ab 1927 als erster arabischer Professor für islamische Philosophie an der Universität Kairo fungierte.

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs endete die Präsenz der ausländischen Professoren in Ägypten. An ihre Stelle traten erste Abgänger der Universität Kairo, wie beispielsweise Abdurrahman Badawi (1917–2002; Master 1940 und Dissertation 1943 in Philosophie an der Universität Kairo), sowie weitere Philosophen, die ihren Abschluss im Ausland erworben hatten, wie beispielsweise Zaki Naguib Mahmoud (1905–1993; Dissertation in Philosophie 1947 am King’s College London). Die Absolvierung zumindest eines Teils des Philosophiestudiums oder Doktorats im nicht arabischen Ausland ist bis heute durchaus geläufig und mit ein Grund für die gute Bekanntheit der globalen philosophischen Diskurse innerhalb der arabischen Philosophie. Während die Mehrzahl der Auslandsaufenthalte nach Frankreich führt, sind auch Studienaufenthalte in England oder den USA, in Deutschland sowie in Russland (dies trifft insbesondere für Syrien und Jordanien zu) verbreitet. Aus dem Ausland wurden meist nicht nur philosophische Abschlüsse, sondern auch philosophische Positionen und Vorlieben mitgebracht. Der bereits erwähnte Zaki Naguib Mahmoud hat in England während seiner Arbeit an seiner Dissertation den Eröffnungsvortrag von Alfred Ayer 1946 gehört – ein Erlebnis, das ihn nachhaltig geprägt hat und ihn zum überzeugten Verfechter des Neopositivismus werden ließ. Zwischen 1951 und 1958 publizierte er drei Monographien in gut verständlicher Sprache mit dem Ziel, diese Denkweise unter dem arabischsprachigen Publikum bekannt zu machen und dafür zu werben (vgl. Jansen 1977, 299).[5] Der kontroverseste Titel dieser Trilogie ist Aberglaube der Metaphysik (1953). Darin präsentiert Mahmoud den Neopositivismus als die einzige Möglichkeit, mittels der die Wissenschaften vorangebracht werden können und so das arabische Denken und die arabische Gesellschaft einen Fortschritt erzielen können (Maḥmūd 1993, 16, 20). Dementsprechend propagiert er den Neopositivismus nicht nur in der Naturwissenschaft und Wissenschaftsphilosophie, sondern auch in den Geisteswissenschaften sowie im politischen Denken (ibid., ʿ, 22). In der Verbreitung des Neopositivismus sah Mahmoud eine Möglichkeit, gegen den in der ägyptischen Bevölkerung verbreiteten Aberglauben an Geister und Magie anzukämpfen (ibid., z–ḥ). Im Zuge dessen hat er allerdings auch die Metaphysik für sinnlos und daher nicht zukunftsträchtig erklärt (ibid., 21), was vehemente Reaktionen von Vertretern der islamischen Orthodoxie ausgelöst hat (siehe unten).

Auf philosophischer Ebene hat Yousef Karam als Antwort auf Mahmouds Neopositivismus seine eigene neo-thomistische metaphysische Position niedergeschrieben (vgl. Anawati 1993, 214). Wie Mahmoud hat auch Karam seine philosophische Position aus dem Ausland mitgebracht, nämlich aus Frankreich, wo er ein Schüler von Jacques Maritain war. Karam bezeichnet sich als Metaphysiker (vgl. ibid., 211) und befasst sich als solcher mit unterschiedlichen Seinsformen, besonders intensiv aber mit Gott als der Ursache des natürlichen Seienden (vgl. Karam 2014, 10). Seine philosophische Position bezeichnet er als „modernen Intellektualismus“ (ibid.) und vereint in ihr Glauben und Vernunft in der Suche nach der ewigen Wahrheit (philosophia perennis). Am Anfang jeglicher Erkenntnis steht laut Karam die Sinneswahrnehmung und der in der Vernunft damit in Verbindung gebrachte abstrakte Begriff (ibid., 95). Ausgehend hiervon gelangt die Vernunft durch Ableitung zu höheren Abstraktions- und Komplexitätsebenen wie der Relation, dem wissenschaftlichen Wissen sowie den immateriellen Wesen (darunter auch Gott) und befähigt schließlich sogar zur Ausübung von Wissenschaften und Künsten (ibid., 8). Zur Existenz der metaphysischen Gegenstände gelangt Karam durch Ableitung und Abstraktion, nicht jedoch durch Postulate. Metaphysik steht dadurch in engem Zusammenhang mit den objektbezogenen Wissenschaften, aber geht als „ganzheitliche Wissenschaft“ über diese Teilwissenschaften hinaus (ibid., 99–100).

1938 bekam die Universität Kairo als bis dahin einzige Universität Ägyptens neue Zweigstellen zunächst in Alexandria und später in Ain Shams, einem Viertel in Kairo. Diese drei ersten Standorte wurden später jeweils eigenständige Universitäten und verfügen mittlerweile über philosophische Abteilungen mit namhaften Philosophinnen und Philosophen in ihren Rängen: Yousef Karam lehrte ab 1928 in Kairo und wechselte 1938 nach Alexandria, wo er bis kurz vor seinem Tod 1959 tätig blieb; Mahmoud war ab ca. 1947 bis zu seiner Emeritierung 1968 an der Universität Kairo und lehrte danach in Kuwait (1968–1973); Badawi war ab 1949 in Kairo und ab 1950 bis 1971 in Ain Shams, mit anschließenden Lehrtätigkeiten in Bengasi 1967–1973, Teheran 1973–1974 und Kuwait 1974–1982. Seit den 1970er Jahren sind in Ägypten weitere abhängige und unabhängige Universitätsstandorte dazu gekommen, die teilweise auch philosophische Abteilungen haben. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurden zudem auch die traditionellen islamischen Bildungsinstitutionen reformiert und ins moderne Bildungswesen integriert, sie gelten heute als wichtige Stätten der – in unterschiedlichem Ausmaß bekenntnisorientierten – islamischen Philosophie.

Ägypten kommt in der arabischen akademischen Philosophie eine Pionierrolle zu. Hier wurde nicht nur die erste arabische Universität und darin die erste arabischsprachige philosophische Abteilung gegründet, es waren zudem ägyptische Philosophen, die durch ihren zeitlichen Vorsprung zahlreiche philosophische Abteilungen in anderen arabischen Ländern mitgeprägt haben. Die oben nur stichwortartig genannten internationalen Lehraktivitäten Mahmouds und Badawis geben einen Eindruck davon. Außerdem wurden die Schriften der Professoren der ägyptischen Universitäten überregional beachtet und rezipiert.

Die zweite Universität, die hier kurz beleuchtet werden soll, ist die jordanische Universität in Amman. Seit ihrer Gründung 1962 gibt es dort das Studienfach Philosophie, das zunächst – anders als in Ägypten – von Lehrenden aus dem arabischsprachigen Ausland (Ägypten, Syrien, Libanon und Irak) getragen wurde. Rund zehn Jahre später befanden sich auch zwei Jordanier unter den Dozierenden. Einer von ihnen ist Ahmed Mahdi, der in Moskau zur zeitgenössischen ägyptischen Philosophie (zu Zaki Nagib Mahmoud, Abdurrahman Badawi und Osman Amin) promoviert hatte. Gemäß eigener Erzählung wurde er erst in seinem Auslandspromotionsstudium auf die zeitgenössische arabische Philosophie aufmerksam und entschloss sich, diese auch über die Promotion hinaus zum Gegenstand seiner Studien zu machen und sie durch akademische Aktivitäten zu stärken (vgl. Madi 2016, 28). In dieser Absicht begründete er 1983 die gesamtarabisch ausgerichtete Arabische philosophische Gesellschaft mit Sitz in Amman, die bis ins Jahr 2000 mit Konferenzen sowie einer arabischsprachigen philosophischen Fachzeitschrift hervortrat.[6] Während diese Aktivitäten die kritische Selbstreflektion und Selbstpositionierung sowie die philosophiehistorische und systematische Erschließung der zeitgenössischen arabischen Philosophie beförderten, kann dasselbe nicht für die Philosophie in Jordanien insgesamt gesagt werden.

Die Jordanische Universität in Amman ist bis heute der einzige Standort, an dem in Jordanien Philosophie studiert werden kann; an anderen Universitäten Jordaniens gibt es lediglich vereinzelte philosophische Kurse. Auch die Nachfrage nach dem Studienfach seitens jordanischer Studierender scheint begrenzt zu sein. Ursache hierfür könnte auch die fehlende Berufsperspektive des Fachs sein, zumal an jordanischen Gymnasien lediglich für kurze Zeit zwischen 1961 und 1965 und dann wieder ab dem Jahr 2000 Philosophie unterrichtet wird. Die zaghafte Präsenz der Philosophie an Gymnasien und folglich an der Universität ist unter anderem eine Folge der kolonialen Situation. Anders als Länder in der französischen Einflusssphäre, die, wie das tunesische Beispiel zeigen wird, eine breit angelegte philosophische Grundausbildung an Gymnasien und Universitäten flächendeckend verankert haben, legten einige arabische Länder der englischen Einflusssphäre weniger Wert auf philosophische Bildung. So kam es, dass es in Jordanien 1970 insgesamt zehn Philosophiestudierende gab, was sich moderat steigerte bis zu dreißig Studienanfängern 1986, während im Vergleich hierzu in Marokko Ende der 1970er Jahre ca. 2000 Studierende in der Philosophie eingeschrieben waren.

Ein anderer Grund für das geringe Interesse am Studienfach Philosophie könnte der öffentliche Einfluss fundamentalistischer Strömungen und deren starre und dogmatische Ideologie sein. In Jordanien ist in den 1960er Jahren ein lokaler Zweig der Muslimbruderschaft politisch erstarkt und hat 1965 die Streichung des gymnasialen Philosophieunterrichts auf nationaler Ebene durchgesetzt. Dieselbe islamistische politische Strömung bemühte sich in den 1970er Jahren auch um die Abschaffung der universitären Philosophie in Jordanien, zum Glück ohne Erfolg. Diese Ereignisse möglicherweise reflektierend hat sich Adel Daher (1939–), langjähriger Philosophieprofessor an der Universität Amman, ausführlich aus philosophischer Perspektive mit der Widerlegung des Fundamentalismus und der Begründung des Säkularismus befasst und sich einen Ruf als „Philosoph des Säkularismus“ erworben (vgl. Moser in Vorbereitung). Säkularismus wird ihm zufolge in der arabischen Welt üblicherweise oberflächlich verstanden als Strömung, die dem religiösen Klerus in politischen Angelegenheiten die Vorherrschaft und sogar jeglichen Einfluss abspricht. Er attestiert dieser Auffassung von Säkularismus den gravierenden logischen Mangel, dass anhand von ihr sowohl für als auch gegen Säkularismus argumentiert werden kann. Er selbst präferiert deshalb eine philosophische Auffassung von Säkularismus, die besagt, dass der Mensch fähig ist, seine weltlichen Angelegenheiten einzig auf der Grundlage des Primats der Vernunft, so der Titel seines Hauptwerks, zu regeln. Die Verbindung von Religion und Islam konzeptualisiert er lediglich als kontingent, nicht jedoch als essentiell.

Die Universität Tunis, die hier als weitere Universität vorgestellt wird, entstand im Jahr 1960 und war, trotz der 1956 erlangten Unabhängigkeit Tunesiens, im Kurrikulum deutlich durch das französische Bildungssystem geprägt. Dies gilt auch für die philosophische Abteilung, die ab 1964 Studierende aufnahm. Unter den Dozierenden der ersten Stunde waren ausschließlich Philosophinnen und Philosophen, die in Frankreich ausgebildet worden waren, darunter Michel Foucault (1926–1984, in Tunis 1966–1968), aber mit Fatma Haddad-Chamakh (1936–2013) auch eine Tunesierin und zudem eine der ersten habilitierten arabischen Philosophinnen. Die Universität Tunis war seit ihrer Gründung ein wichtiger Ort des studentischen politischen Aktivismus und – aufgrund der zunehmenden Herausbildung autoritärer politischer Strukturen im Land – zudem ein Ort eklatanter staatlicher Gewalt und Willkür. Foucault soll aufgrund dieser Erfahrung angeregt worden sein, sich nach seiner Rückkehr nach Frankreich mit dem staatlichen Sanktionsmechanismus des Gefängnisses und anderer Formen der Bestrafung auseinanderzusetzen (vgl. Ben Saïd‑Cherni in Vorbereitung).

1975 wurde das Bildungswesen Tunesiens allmählich vom französischen Einfluss gelöst und die Arabisierung sowie Nationalisierung des Bildungssektors eingeleitet. Für die akademische Philosophie Tunesiens bedeutete dies, dass sie fortan sowohl französische als auch arabische Studienanteile enthielt und nunmehr ohne Mitwirken französischer Dozierender gestaltet wurde. Die Zweisprachigkeit der tunesischen Philosophie ist einmalig für arabische Universitäten. Im Unterschied hierzu wurde in Algerien und Marokko die akademische Philosophie 1973 vollständig arabisiert und in Libyen Philosophie sogar seit Beginn der dortigen akademischen Philosophie 1956 ausschließlich auf Arabisch gelehrt. Auch im Libanon sind Philosophinnen und Philosophen mehrsprachig tätig (auf Arabisch, Englisch und Französisch), was hier allerdings an der durchgehenden Präsenz und ungebrochenen Bedeutung der englischsprachigen American University of Beirut und der französischsprachigen Université de St. Joseph, die beide philosophische Abteilungen haben, liegt.

Die Arabisierungspolitik im Bildungswesen und insbesondere in der Philosophie kann zwar auch fachlich begründet werden (Philosophieren in der Muttersprache, Zugänglichkeit des arabisch-islamischen Erbes etc.), muss aber als politische Entscheidung gewertet werden. Sie steht im Kontext der Bemühungen um Dekolonialisierung sowie lokaler Machtkämpfe und ging einher mit einer ganzen Reihe ideologischer Justierungen der akademischen Philosophie in Nordafrika in den 1970er Jahren. In Tunesien sah sich der seit der Unabhängigkeit regierende Präsident Habib Bourguiba durch gewerkschaftliche Gruppen sowie linke politische Bewegungen herausgefordert und war bestrebt, seine alleinige Vormacht zu behaupten und oppositionelle Meinungen im Kern auszulöschen. Im Zuge der Arabisierungspolitik und der damit einhergehenden personellen Veränderung sowie inhaltlichen Neuausrichtung der philosophischen Abteilung wurden unliebsame Denkerinnen und Denker aus den neu gebildeten Strukturen aktiv ausgeschlossen. So erging es auch der damals noch Philosophiestudentin Zeïneb Ben Saïd‑Cherni (1958–), der aufgrund von linkem Aktivismus gemeinsam mit anderen 1974 ein mehrjähriges Berufsverbot auferlegt wurde (siehe unten). In Libyen ließ Gaddafi 1973 das Studienfach Philosophie in „Interpretation“ (arabisch tafsīr) umbenennen, unterband das kritische Potential der Philosophie zugunsten einer rein rezeptiven Tätigkeit und setzte Das grüne Buch aus seiner eigenen Feder auf die Lektüreliste. In Marokko wurde im Zuge der Arabisierung der Philosophie die Bedeutung der islamischen Geistesgeschichte erhöht, das neu geschaffene Fach „islamisches Denken“ verdrängte in der Folge auf der gymnasialen Stufe häufig die eigentlichen philosophischen Inhalte.

In Tunesien blieb die Universität Tunis lange der einzige Standort in Tunesien, an dem eine philosophische Abteilung existierte. 1984 wurde eine solche auch an der Universität Kairouan, 1989 an der Universität Sfax und 1998 an der Universität Tunis al-Manar eingerichtet, sowie später an Instituten der höheren Lehrerbildung. Seit 1997 gibt es in Tunis den UNESCO-Lehrstuhl für Philosophie, auf den Fathi Triki berufen wurde.

Die Studienorganisation in Tunesien übernahm 2006 das internationale Modell des dreijährigen BA-Studiums, gefolgt von einem zweijährigen MA-Studium und einer anschließenden Doktoratsphase. Zahlreiche Universitäten der gesamten MENA-Region haben mittlerweile das Studium der Philosophie in diese Struktur überführt.

 

Arabische Philosophie im öffentlichen Raum

Das intellektuelle Umfeld in der MENA-Region ist, dies wird kaum bestritten, auch durch den Islam geprägt. Dieses Umfeld beeinflusst die Philosophie, so dass Mohamed Turki und andere von einer arabisch-islamischen Philosophie sprechen (vgl. Turki 2015, 25–28). Das Verhältnis zwischen Islam und Philosophie ist allerdings komplex und hängt zudem in hohem Maße davon ab, was mit Islam genau gemeint ist. In der arabischen Philosophie selbst ist dieses Verhältnis Gegenstand konträrer Positionierungen. Eine Systematisierung einiger dieser Positionen hat Anke von Kügelgen vorgenommen. Auf die enge Verflechtung mit zeitgleichen europäischen Diskursen verweisend und gleichzeitig die hohe Eigenständigkeit in der Entwicklung der Positionen betonend stellt sie heraus, dass das Verhältnis teils als konfliktträchtig, teils als harmonisch übereinstimmend, oder aber als Verhältnis einander vollständig autonom gegenüberstehender Bereiche aufgefasst wird (vgl. von Kügelgen 2017, 33). Zündstoff bietet insbesondere die Konfliktthese, die nach von Kügelgen „besagt, dass Wissenschaft und Religion in einem unlösbaren Konflikt zueinander stehen, in dem eine Seite von der anderen entwertet wird“ (ibid.).

Diese Position wurde in der Kontroverse um sein Buch Aberglaube der Metaphysik dem Neopositivisten Zaki Naguib Mahmoud zugeschrieben. Mahmoud macht darin einen Rundumschlag auf die Metaphysik mit ihren – wie er sagt – bedeutungslosen Begriffen und Aussagen und geht so weit zu fordern, „dass die Metaphysik […] aus dem Bereich der menschlichen Kenntnisse gestrichen werden muss“ (Maḥmūd 1993, 21). Diese Position hat die vehemente Kritik von Muhammad al-Bahi, einem der Azhar nahestehenden Denker, hervorgerufen (al‑Bahī 1961; vgl. Scheffold 1996, 101–102, 109; Jansen 1977, 299). Er kritisiert an Mahmouds Buch, dass dieser die Metaphysik, die er kritisiert, nicht klar definiert und sie insbesondere nicht von der religiös begründeten Metaphysik abgrenzt. Dadurch sei es nicht klar, ob Mahmoud im Zuge seiner Kritik an der „menschengemachten Metaphysik“ nicht möglicherweise auch die göttlichen Elemente der Metaphysik, ja sogar Gott selbst, negiere (al‑Bahī 1961, 284–285, 288).

Mahmoud selbst bezeichnet diesen Vorwurf im Vorwort zur zweiten Auflage des Buches von 1983 als Missverständnis und bemüht sich um eine Klärung seiner Position (Maḥmūd 1993, ǧ-n). Dazu gehört zunächst die Präzisierung, dass es ihm um die Metaphysik nicht im religiösen, sondern im philosophischen Denken geht (ibid., d), und dass er nicht eine durch Offenbarung vermittelte religiöse Überzeugung oder Botschaft kritisiert (ibid., w), sondern ein von ersten, gesetzten Prämissen abgeleitetes metaphysisches System, das für tatsächliche Wirklichkeit ausgegeben wird (ibid., h-w). Seine ursprüngliche deutliche Absage an diese Metaphysik mildert Mahmoud nun ab und hält sie für legitim, solange sie innerhalb der „Grenzen ihrer Möglichkeiten“ verbleibt, d.h. solange sie sich gegen die Existenzbehauptung metaphysischer Gegenstände verwehrt (ibid., z–ḥ). Zudem will Mahmoud sein Buch jetzt ausschließlich als Beitrag zur Wissenschaftsphilosophie und zur Frage nach den Kriterien für sinnvolle wissenschaftliche Aussagen verstanden haben (ibid., n). Dabei erwähnt er weder die Theologie explizit noch unternimmt er eine ernsthafte Auseinandersetzung mit metaphysischen Systemen philosophischer Art, sondern erwähnt lediglich kurz den Aberglauben an Geister und Magie. Dies legt die Vermutung nahe, dass es ihm nicht um eine Abwägung von Wissenschaft gegenüber Theologie im Sinne der Konfliktthese geht, sondern um eine gegenseitige Abgrenzung der beiden Extrempositionen der Wissenschaft und des Aberglaubens im Sinne der Autonomiethese, die „eine völlige Andersartigkeit und Unabhängigkeit beider Bereiche [postuliert]“ (von Kügelgen 2017, 33). Mit seinen Klärungen einhergehend ändert Mahmoud auch den Titel des Buches von Aberglaube der Metaphysik zu Position gegenüber der Metaphysik, um mit diesem objektiven und neutralen Titel weniger Angriffsfläche zu bieten (Maḥmūd 1993, n). Es ist möglich, dass der Wandel des Titels „einer gewissen taktischen Anpassung an die offenbar schwierige Rezeptionssituation“ in Ägypten geschuldet ist (Scheffold 1996, 115). Auf inhaltlicher Ebene hat diese Situation jedoch dazu geführt, dass Mahmoud seine Position revidierte.

Einem Angriff ebenfalls aus der Richtung der islamischen Orthodoxie, allerdings auf juristischer Ebene, war Sadiq al‑Azm für sein Buch Kritik der religiösen Vernunft (1969) ausgesetzt. Expressis verbis wendet er sich darin gegen die Dominanz der unbewussten religiösen Mentalität und des bewussten religiösen Denkens im Alltag in der arabischen Welt (al‑Azm 2015, 9). Anders als Mahmoud tut er dies nicht mittels der Darlegung, welches Denken an seiner statt Einzug halten sollte, sondern mittels einer Analyse von ebendiesem zurückzuweisenden religiösen Denken, das er in seiner Funktion als „ideologische Waffe“ der herrschenden Klasse, die damit die Massen ruhigzustellen und die eigene Herrschaft zu zementieren beabsichtigt, entlarven will (ibid., 10–11). Ausgangspunkt von al‑Azms Religionskritik ist seine Beobachtung, dass die Inhalte religiöser Schriften mit wissenschaftlichen Erkenntnissen konfligieren (ibid., 24–25). Auf der Ebene der Wissenschaft stellt al‑Azm die fraglose Überlegenheit der wissenschaftlichen Beweisführung gegenüber religiösen Erklärungen fest (ibid., 28–29). Auf der persönlichen Ebene zieht er einen vorsichtigen, weil nicht begründbaren Glauben der dogmatisch bestimmten Überzeugung vor (ibid., 74) und plädiert dafür, das religiöse Gefühl von dogmatischen Vorstellungen von Religion zu befreien (ibid., 75).

Das Buch hat zur Überraschung al‑Azms (ibid., 4) einen massiven öffentlichen Skandal ausgelöst, dessen Höhepunkt 1970 ein Verfahren vor dem Strafgericht im Libanon war. Verhandelt wurde die Anklage al‑Azms durch den sunnitischen Klerus für das Anstiften zu konfessioneller Zwietracht – dies war für al‑Azm klar ein politischer Prozess (ibid., 5). Im Verlauf des Gerichtsverfahrens fand eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Corpus Delicti statt, während der problematische Textstellen dem angeklagten al‑Azm zur Erklärung vorgelegt wurden. Auf unterschiedlichen Ebenen beharrte al‑Azm auf seiner religionskritischen Perspektive, unterstrich jedoch auch die rein wissenschaftliche Absicht des Buches. Das Gericht gab in der ersten Instanz der Anklage statt (ibid., 213–214), revidierte jedoch in zweiter Instanz diese Entscheidung zugunsten eines vollständigen Freispruchs in allen Anklagepunkten: das Buch bleibe im Rahmen der wissenschaftlichen und philosophischen Kritik der Religion (ibid., 224–225).

Dieses Urteil, das sprichwörtlich auf der Kippe stand, „zeigt deutlich die äußersten Grenzen wissenschaftlicher Religionskritik im Nahen Osten auf“ (von Kügelgen 2017, 66). Es zeigt darüber hinaus, dass die Konfliktthese im Nahen Osten ihrem Namen gerecht wird, dass allerdings bei stichhaltiger Begründung eine konflikthafte Position durchaus vertreten werden kann. Anders als bei Mahmoud gibt es bei al‑Azm keine Anzeichen, dass er von seinem Standpunkt abgekommen wäre und ihn unter öffentlichem Druck abgeschwächt hätte. Vielmehr hat er sich nicht gescheut, auch in anderen Kontroversen für eine kritische Haltung gegenüber der Religion einzutreten, etwa als er gemeinsam mit anderen arabischen Intellektuellen für Salman Rushdie im Skandal um den Roman Die satanischen Verse (1988) Partei ergriff.

Nicht religiös argumentierenden Angriffen, sondern explizit politischen Übergriffen war in Tunesien Zeineb Ben Saïd‑Cherni für ihre politische Position und ihre Aktivitäten ausgesetzt (vgl. hier und im folgenden Ben Saïd‑Cherni in Vorbereitung). In einem „großen Schlag“ wurde sie 1973 gemeinsam mit tausend anderen verhaftet, verhört, gefoltert und schließlich 1974 zu einem Jahr Haft sowie sechs Jahren Berufsverbot verurteilt. Die Anklage lautete auf Mitgliedschaft in einer linken marxistischen Gruppierung; zu ihrer Verteidigung verwies sie auf das in der Verfassung verankerte Recht auf freie Meinungsäußerung und Organisation. Doch die Argumente spielten in diesem Prozess nicht die entscheidende Rolle, und der Prozess diente nicht der Beurteilung der Sachlage auf der Grundlage der Verfassung. Ben Saïd‑Cherni beschreibt, wie hier vielmehr eine „Sonder-Gerichtsbarkeit“ wirksam war, die die Bestrafung oppositioneller Positionen als legitim erscheinen lassen sollte. Statt einer unabhängigen Wahrheitsfindung bestanden die Prozessvorbereitungen aus erniedrigender Folter. Der eigentlichen Strafe der Inhaftierung folgte eine zweite, weit schwerwiegendere Bestrafung, die Ben Saïd‑Cherni als Freiluftgefängnis und „krakenhafte Kontrolle“ bezeichnet, weil sie durch die öffentliche soziale Ächtung mittels Berufsverbots, Diffamierung und engmaschiger Überwachung alle Lebensbereiche und das gesamte persönliche Umfeld beeinträchtigt.

Nach der Revolution 2010–2011 macht Ben Saïd‑Cherni von der neuen Freiheit Gebrauch, um ausführlich über ihre Erfahrungen zu sprechen und die willkürliche Staatsgewalt im autoritativen System Tunesiens zu bezeugen. Es ist dem Willen um Aufarbeitung und Reflexion von Überlebenden wie ihr zu verdanken, dass solche Praktiken und der dadurch entstandene persönliche und intellektuelle Schaden im Nachhinein bekannt werden.[7] Der Schaden, den sie erlitten haben, ist unermesslich. Dennoch vermag weder Zensur noch Gewalt das philosophische Denken auszulöschen, wie Ben Saïd‑Cherni selbst eindringlich vor Augen führt. Ihre traumatischen Erfahrungen mit konzeptionellem Vorgehen verknüpfend prangert sie nach der Revolution weiterhin Ungerechtigkeit an, die sie insbesondere auch in der 2013 gegründeten Übergangsjustiz ausmacht. Sie beschreibt und kritisiert sie als verwaltungstechnische Geschäftigkeit, die nicht mehr primär die Offenlegung der Wahrheit und die öffentliche Rehabilitierung der Opfer anstrebt, sondern vielmehr selbst in Machtkämpfe verstrickt ist und pragmatische Verfahren über die Ziele stellt (vgl. Ben Saïd‑Cherni in Vorbereitung).

 

Philosophie als kritisches Denken in Akademie und Öffentlichkeit

Philosophische Praxis im akademischen Raum ist im positiven wie im negativen Sinne in nationale Rahmenbedingungen eingelassen. Die Frage, wie weit der Einfluss dieser nationalen Rahmenbedingungen reicht und bis zu welchen Grenzen akademische Philosophie ihre Forschung frei ausüben kann, ist eine schwer beantwortbare Frage. Die genannten publizistischen, juristischen und politischen Kontroversen machen an einigen Stellen die Grenzen des öffentlich Schreib- und Machbaren deutlich und zeigen auf, wo die Meinungsäußerungsfreiheit endet. Wie naheliegend scheint es vor diesem Hintergrund, nun die Zustände in der MENA-Region zu beklagen und zur Herbeiführung einer Veränderung aufzurufen. In der arabischen Philosophie gibt es solche Stimmen, aber es gibt auch die Stimmen, die darüber hinaus gehen und den gegenwärtigen Zustand der Philosophie kritisch reflektieren und positiv deuten.[8]

Dazu gehört auch Sadiq al‑Azm, der selbst wie andere vor und nach ihm im Kreuzfeuer religiöser Kläger stand, diese sich öffentlich entzündenden Affären jedoch in einen Zusammenhang stellt und so deutet. In seiner Lesart wird in all diesen Kontroversen etwas als heilig Erachtetes zum Gegenstand der Kritik und somit zum Thema öffentlicher Auseinandersetzungen, wodurch zwar religiöse Befindlichkeiten verletzt werden können, sich jedoch langfristig ein befreiender Effekt abzeichnet, indem nämlich arabische Leserinnen und Leser im Hinblick auf eine Religionskritik „desensibilisiert“ werden (vgl. al‑Azm 2014, 40–42). Er prognostiziert – auch im Wissen um den langwierigen und schmerzhaften Prozess der Genese der religiösen Toleranz in Europa (ibid., 51–52) –, dass Skandale dieser Art weiter auftreten werden, zumal die „vor-wissenschaftlichen Glaubenssysteme“ stets aufs Neue mit dem modernen wissenschaftlichen Erkenntnissystem zusammenstoßen und immer wieder Intellektuelle auf diese Inkompatibilität hinweisen werden (ibid., 48). So sind diese Skandale Indikatoren für herrschende gesellschaftliche Tabus und die diese provozierende Philosophie ein Motor, der durch wiederholten Tabubruch hoffentlich langfristig ein solches Maß an Meinungsäußerungsfreiheit ermöglicht, dass die Skandale selbst ausbleiben.

al‑Azm sowie alle anderen in diesem Beitrag genannten arabischen Philosophinnen und Philosophen haben alle an philosophischen Abteilungen arabischer Universitäten gewirkt oder wirken dort noch immer und haben ebenda Teile ihrer philosophischen Bildung erhalten. Sowohl al‑Azms Religionskritik und Mahmouds Metaphysikkritik als auch Karams Verteidigung der Metaphysik und Dahers Apologie des Säkularismus, aber auch die Forderung von politischem Mitspracherecht, die Ben Saïd‑Cherni stellt, und viele andere philosophische Positionen sind somit von der arabischen akademischen Philosophie geprägt und wirken durch die Lehrtätigkeit formend auf zukünftige Generationen arabischer Philosophinnen und Philosophen zurück. Die arabische akademische Philosophie ist ein Bereich des kritischen Denkens, der zwar von nationalen Rahmenbedingungen geprägt wird, diese aber zugleich überwindet und selbst formt.

 

Literatur

al‑Azm, Sadik J.: Critique of Religious Thought. Übersetzt von George Stergios and Mansour Ajami. Berlin: Gerlach (2015).

al‑Azm, Sadik J.: Islam – Submission and Disobedience. Berlin: Gerlach (2014).

al‑Bahī, Muḥammad: al-Fikr al-islāmī al-adīṯ wa-ṣilatuhu bi-l-istiʿmār al-ġarbī [Das moderne islamische Denken und seine Verbindung mit dem westlichen Kolonialismus]. 3. ed. o.O.: Maktaba Wahabīya (1961).

Anawati, Georges C.: „A propos d’un mémorial: l’oeuvre philosophique du Prof. Youssef Karam (1886–1959) “. In: Miscellanea Arabica et Islamica. Dissertationes in Academia Ultrajectina Prolatae Anno MCMXC, hrsg. von F. de Jong. Leuven: Uitgeverij Peeters (1993), 209–20.

Ben Saïd‑Cherni, Zeïneb: „Die vielfältigen Facetten der Unterdrückung in Tunesien. Zeugnis ablegen vom Weg einer Aktivistin“. In: Philosophieren in der Diktatur, hrsg. von Sarhan Dhouib. Weilerswist-Metternich: Velbrück (in Vorbereitung).

Dhouib, Sarhan: „Islam und Philosophie“. In: Enzyklopädie Philosophie, hrsg. von Hans Jörg Sandkühler. Hamburg: Meiner (2010), 1179–86.

Dhouib, Sarhan: „Philosophy in Transition – Philosophy of Transition“. In: Academia in Transformation. Scholars Facing the Arab Uprisings, hrsg. von Florian Kohstall, Carola Richter, Sarhan Dhouib und Fatima Kastner. Baden-Baden: Nomos (2018), 123–42.

Jansen, J.J.G.: „The Philosophical Development of Zakî Nagîb Mahmûd“. In: Bibliotheca Orientalis, Vol.34 (1977), 298–300.

Karam, Yūsuf: al-ʿAql wa-l-wuǧūd [Die Vernunft und das Sein]. Kairo: Hindawi (2014).

Kassab, Elizabeth Suzanne: Enlightenment on the Eve of Revolution. New York: Columbia University Press (2019).

Maḥmūd, Zakī Naǧīb: Mawqif min al-mītāfīzīqā [Standpunkt gegenüber der Metaphysik]. 4 ed. Kairo: Dār aš-Šurūq (1993).

Moser, Kata: „ʿĀdil Ḍāhir (Adel Daher)“. In: Philosophie in der islamischen Welt, Bd. 4: 19.–20. Jahrhundert, hrsg. von Anke von Kügelgen. Ueberweg Geschichte der Philosophie. Basel: Schwabe (in Vorbereitung).

Moser, Kata. Akademische Philosophie in der arabischen Welt. Institutionen, Periodika, Inhalte. Berlin: Klaus Schwarz (2018).

Reid, Donald M.: „Cairo University and the Orientalists“. In: International Journal of Middle East Studies, vol.19, Nr. 1 (1987), 51–75.

Scheffold, Margot: Authentisch arabisch und dennoch modern? Zakī Naǧīb Maḥmūds kulturtheoretische Essayistik als Beitrag zum euro-arabischen Dialog. Berlin: Klaus Schwarz (1996).

Seidel, Roman: „Nahöstliche Philosophie transregional. Eine ideengeschichtlich informierte Komparatistik.“ In: SGMOIK SSMOCI Bulletin, Vol.42 (2016), 15–20.

Turki, Mohamed: Einführung in die arabisch-islamische Philosophie. Freiburg: Alber (2015).

von Kügelgen, Anke: „Konflikt, Harmonie oder Autonomie?“. In: Wissenschaft, Philosophie und Religion. Religionskritische Positionen um 1900, hrsg. von Anke von Kügelgen. Berlin: Klaus Schwarz (2017), 30–120.



[1] Habermas bezog sich mit seiner Beobachtung auf den Iran, sie ist jedoch unverändert auch im Hinblick auf die arabische MENA-Region gültig.

[2] Turki spricht von „reduktiver Hermeneutik“ und versteht darunter das Vorverständnis, wonach Philosophie ausschließlich im Okzident gepflegt wird und werden kann (vgl. Turki 2015, 17).

[3] Dieser Abschnitt basiert im Wesentlichen auf Moser 2018, 82-168. Auf die Wiederholung der dort eingearbeiteten Quellen wird hier der Übersichtlichkeit halber verzichtet.

[4] Älter als die Universität Kairo sind zwei Bildungseinrichtungen im Libanon, das 1866 gegründete Syrian Protestant College, das 1920 zur American University of Beirut wurde, sowie die 1875 gegründete Université de St. Joseph, die seit 1881 Universitätsstatus hat, außerdem die 1909 gegründete Université d’Algier. Es handelt sich hierbei allerdings um Bildungseinrichtungen ausländischer Missionen oder kolonialer Mächte.

[5] Bei den drei Büchern handelt es sich um Positivistische Logik (al-Manṭiq al-waḍʿī) (1951), Aberglaube der Metaphysik (Ḫurāfat al-Mītāfīzīqā) (1953) und Zu einer wissenschaftlichen Philosophie (Naḥwa falsafa ʿilmiyya) (1958).

[6] Zwei Sammelbände von 1985 und 1987, die aus gesamtarabischen Konferenzen der Arabischen philosophischen Gesellschaft hervorgingen, sind bis heute wichtige Quellen der zeitgenössischen arabischen Philosophie.

[7] Im Hinblick auf die Aufarbeitung der autoritativen politischen Systeme Tunesiens sei auf drei Sammelbände, herausgegeben von Sarhan Dhouib, verwiesen: Sprache und Diktatur, Erinnerungen an Unrecht und Philosophieren in der Diktatur. Im Druck bei Velbrück.

[8] Eine positive Deutung der zeitgenössischen arabischen Philosophie als Seismograph der Gegenwart findet sich auch bei Suzanne Kassab, die jüngst die philosophischen Debatten um „Tanwir“, arabisch für Aufklärung, in den 1990er und 2000er Jahren in Ägypten und Syrien analysiert hat. Vgl. Kassab 2019 sowie ihren Beitrag in diesem Heft.