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Nr. 2 / 2020
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Junge Philosophie

„Junge Philosophie“ – diese Reihe steht für zeitdiagnostische Interventionen, die zur intensiven Auseinandersetzung mit Gegenwartsfragen motivieren sollen. Die Veranstaltungen der Reihe wollen dabei keine bloßen Events sein, sondern sind auf nachhaltige Denkanstöße und philosophische Durchdringung angelegt. Die attributive Bestimmung „jung“ steht für Neues, das sich aus der Auseinandersetzung mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ergibt. „Junge Philosophie“ will alle Generationen ansprechen und zu zivilgesellschaftlichem Engagement motivieren. Am 7. Juni 2018 startete dieses neue Format mit einer musikalisch-philosophischen Session unter dem Titel „Protest und Bewegung – 50 Jahre ’68er“. Der Aufbruch 1968 war gekennzeichnet von einem vorher noch nie da gewesenen „Gleichklang“ von Jugendlichen – einem „wir“-Gefühl über soziale, nationale und kontinentale Grenzen hinweg. Rock, Folk, Soul und „Beatmusik”, importiert aus den USA und Großbritannien, wirkte wie ein identitätsstiftender Zaubertrank. Er machte stark und mutig. So lieferte diese Musik den emotionalisierenden Soundtrack für Protest, für die Anti-Vietnam-Kriegsbewegung, für Konsumkritik, Feminismus, Umweltbewusstsein und Flower-Power.

In einem Wechselspiel von Musik und Statements wurde eine produktive Spannung zwischen Vergangenheit und Gegenwart aufgebaut. Zusammen mit Zeitzeug*innen, Musiker*innen, Philosoph*innen, Aktivist*innen und Schüler*innen wurde gefragt: Wo hat die „68er Generation“ uns geprägt? Welche Herausforderungen sind noch oder wieder aktuell? Wie können wir heute musikalisch, philosophisch und gesellschaftlich Veränderung und Bewegung leben?

 

In der zweiten Veranstaltung ging es am 8. November 2018 um die Verhältnisbestimmung von Philosophie und HipHop anhand der Thematik „Zeit und Zeitlichkeit“. Wenn Philosophie der Versuch ist, anzusagen, was an der Zeit ist, dann kann HipHop als Versuch verstanden werden, zu performen, was an der Zeit ist. Rapper*innen und Philosoph*innen aus Deutschland und den USA standen auf der Bühne, um das Thema „Zeit und Zeitlichkeit“ aus verschiedenen (lyrischen, performativen, philosophischen, fachlichen u.a.) Perspektiven zur Sprache zu bringen. Denn: Was Menschen über Zeit denken, prägt ihr Selbstverständnis und ihre Ansichten über das (Zusammen-)Leben. Gefragt wurde: Wer und was bestimmt unsere Zeit? Was können wir der Beschleunigung entgegensetzen? Kann diese Zeit unterbrochen werden? Wie gelingt es, in eine neue Zeit einzuweisen? Wie vermögen wir unsere Zeit für die Menschen, die vor uns gelebt haben und die nach uns leben werden, zu sensibilisieren?

 

Eine dritte experimentelle Session am 5. Juni 2019 widmete sich dem Thema „Der Schlaf der Vernunft“. Am 20. Januar 2017 wurde Donald J. Trump Präsident. Seitdem scheint nichts mehr wie es war. Die politische Welt ist aus den Fugen. Bereits zuvor hatten sich auch hierzulande Stimmungen ausgebreitet, die sich bewusst allen Vermittlungsversuchen entziehen. Der Appell an die Vernunft verhallt immer mehr. Stattdessen breiten sich Verschwörungstheorien aus, die klar der Vernunft und Wissenschaftlichkeit widersprechen. Das Wahrnehmungs- und Reflexionsorgan Vernunft ist ausgeschaltet. Einen Abend lang leuchteten Schüler*innen Absurditäten und Abgründe dieser Situation in einer multimedialen Performance aus und luden das Publikum zu einer gemeinsamen Reflexion ein.

 

Die Reihe ist eine Kooperation des Forschungsinstituts für Philosophie Hannover, der Landeshauptstadt Hannover (Büro Wissenschaftsstadt) und des Ratsgymnasiums Stadthagen.

Zur Videosammlung „Protest und Bewegung"