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Nr. 1 / 2022
Eine verschwommene schwarz-weiß Aufnahme des Bahnhof in Hannover
philosophie heterotop

»Leipzig denkt: Alarm und Utopie«: Das Festival

Corona-Krise, Klima-Krise, Krise der Demokratie, Digitalisierung und neuerdings wieder Krieg – wir leben in Zeiten gravierender Umbrüche. Allzu Selbstverständliches gerät plötzlich in den Sog der Ungewissheit. Können wir diese Art Situation nicht als »Grenzsituation« im Sinne des Philosophen Karl Jaspers verstehen – dies aber eben nicht nur auf persönlich-existenzieller Ebene, sondern gerade auch auf gesellschaftlicher? Jaspers mahnt, dieser Art Situation nicht mit dem herkömmlichen Problemlösungsinstrumentarium zu begegnen, sondern sie als Chance zu nutzen, um in ein »transzendierendes Denken« zu kommen. Das spartenübergreifende interdisziplinäre Festival Leipzig denkt: Alarm und Utopie vom 5. bis 8. Oktober 2022. versteht sich als Versuch, genau dies gemeinsam zu wagen.

Unsere Gesellschaft muss sich über sich selbst verständigen, über das, was auf dem Spiel steht. Insbesondere der Siegeszug der sozialen Medien mit all seinen ambivalenten Folgen wirft die drängende Frage auf, wie, in welchen Formen und in welchen medialen Settings eine solche Verständigung überhaupt noch gelingen kann. Wie kann man der Tendenz zur Bubble-isierung des öffentlichen Diskurs-Raumes entgegenwirken und tatsächlich breite gesellschaftliche Denk- und Verständigungsprozesse initiieren, in denen unterschiedliche Weisen, die Welt zu sehen, unterschiedliche Wertvorstellungen und Lebensformen produktiv miteinander ins Gespräch gebracht werden? Wie kann an den Grundlagen dafür gearbeitet werden, dass sich (mehr) Menschen nicht als passiv ausgeliefert, sondern als Akteur*innen von und in persönlichen und gesellschaftlichen Transformationsprozessen verstehen und erleben? Facettenreiche Formen des gemeinsamen Nachdenkens und Interagierens, die vor allem durch eine dialogisch konzipierte Praxis gegenseitiger Verständigung und Begegnung geprägt sind, sind gefragt.

Logo Leipzig denkt auf blauen Hintergrund. Links sich überlappende KreiseIn Zentrum von Leipzig denkt steht daher das gemeinsame offene, dialogische und künstlerisch-performative Nachdenken über zentrale gesellschaftliche Fragen: über unsere Ich-, Wir- und Weltverhältnisse – zwischen Alarm und Utopie. Das Festival findet hierfür an unterschiedlichsten Wissens- und Kulturorten der Stadt – von der Universität über verschiedene Theater, ein Museum, ein soziokulturelles Zentrum bis hin zur Stadtbibliothek und zum Literaturhaus – sowie im öffentlichen Raum statt. Über einen Zeitraum von vier Tagen hinweg wird erprobt, ob und wie man eine ganze Stadt »ins Denken« versetzen kann. Leipzig denkt: Alarm und Utopie wird in unterschiedlichen choreografischen Settings Räume für das gemeinsame öffentliche Miteinander-Denken und Miteinander-Sprechen über relevante Fragen kreieren und erproben. Dabei werden auf kreative Weise Elemente, Impulse und gesprächsöffnende Setting-Ideen aus den Künsten mit solchen aus der gesprächsorientierten und performativen Philosophie und den Geistes- und Sozialwissenschaften verknüpft, um bei den verschiedenen Veranstaltungen und öffentlichen Aktionen kreative Denk- und Gesprächsatmosphären zu schaffen. Dazu werden durch das Festival auch die Orte des Denkens gemixt und verschoben: Elemente des Theaters und der Künste in die Universität geholt und umgekehrt geisteswissenschaftliches und philosophisches Denken ins Theater oder auf öffentliche Plätze.

Konkret beinhaltet das Programm u. a. partizipative Gesprächsperformances und
-installationen, philosophische Denkspaziergänge, ein Projekt »Streetphilosophy« im Stadtraum, einen »Club der toten Philosoph*innen«, philosophische Gesprächssalons, Theaterstücke mit Responsegesprächen, performativ gestaltete Podiums- und Publikumsdiskussionen, philosophische und künstlerische Workshops, eine Lange Nacht der Utopien mit unterschiedlichen Formaten wie einem Utopie-Slam sowie ein umfangreiches Programm zum Philosophieren mit Kindern und Jugendlichen. Zudem gibt es thematische Ganztagesveranstaltungen mit jeweils wechselnden Formaten und Settings – u. a. zu »Gender-Leib-Streit« und zum Thema »Selbsttransformationen?«.

Organisiert wird das Festival vom Transformatorenwerk Leipzig e.V. in Kooperation mit dem Expedition Philosophie e.V. und der Internationalen Gesellschaft für Philosophische Praxis (IGPP). Die Organisator*innen können dabei auf reichhaltige Erfahrungen u. a. bei der Realisierung des (kleineren) Vorgängerfestivals [soundcheck philosophie] zurückgreifen.

 

Informationen zum Festival hier: www.leipzig-denkt.de