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Nr. 1 / 2020
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Neue Formen des Philosophierens erproben – Das Festival [soundcheck philosophie] in Leipzig

Seit einigen Jahren gibt es in Deutschland ein sich verstärkendes öffentliches Interesse an Philosophie. Dies spiegelt sich einerseits in der wachsenden Zahl sich an eine breitere Öffentlichkeit wendender philosophischer Magazine, Rundfunk- und Fernsehsendungen, aber auch in der Zunahme von öffentlichen Philosophie-Veranstaltungen – von philosophischen Vorträgen und Salons bis hin zu Philosophie-Festivals wie die Phil Cologne oder das Festival der Philosophie in Hannover. Eines dieser neuen Festivals ist das [soundcheck philosophie]-Festival, das 2011 in Halle/Saale gegründet wurde und zunächst am dortigen städtischen Theater angesiedelt war. Seit 2016 findet es nun im Drei-Jahres-Turnus in Leipzig im Theater LOFFT statt.

Das Festival wird organisiert vom Expedition Philosophie e.V. in Kooperation u.a. mit dem Philosophischen Seminar der Universität Halle und dem Philosophischen Institut der Universität Leipzig. Förderer des Festivals waren bzw. sind u.a. die Stadt Leipzig, die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und die Bundeszentrale für politische Bildung.

 

[soundcheck philosophie] widmet sich bei jeder Ausgabe einem konkreten Thema: 2016 dem Thema „Macht“ und 2019 dem Thema „Demokratie“. Dies ist durchaus auch bei anderen Philosophie-Festivals üblich. Was [soundcheck philosophie] jedoch auszeichnet, ist, dass es bei diesem Festival ausdrücklich darum geht, zusammen mit dem Publikum neue experimentelle Formen der öffentlichen Darstellung und Vermittlung von Philosophie zu erproben und neue Formate zu entwickeln – und zwar unter Rückgriff auf Mittel und Methoden der – insbesondere performativen – Künste. Nicht zuletzt deshalb findet [soundcheck philosophie] in einem Theater statt. Das heißt: Die Akteur*innen, die das Festival choreografieren bzw. bei diesem auftreten, kommen selber zumeist aus dem klassischen akademisch-philosophischen Kontext, sie versuchen aber, auf dem Festival akademisches und lebensweltliches Philosophieren zu verschränken und Philosophie in neuen, künstlerisch inspirierten Formen performativ-inszenatorisch zugänglich zu machen. Solche neu entwickelten performativen Formen und Formate sind das Café der toten Philosophen (bzw. der Club der toten Philosophen), philosophische Lecture Performances (die ein philosophisches Thema zugleich sagend und zeigend verhandeln), Philosophie-Shows, theatrales Philosophieren, philosophische Medieninstallationen, Philosophie-Slams, Audiowalks und in letzter Zeit zunehmend philosophische Gesprächsinszenierungen.

Aus der Perspektive der Festivalakteur*innen von [soundcheck philosophie] sind Form und Inhalt des Philosophierens ausdrücklich immer aufeinander zu beziehen. Was das heißt, lässt sich vielleicht kurz mit Blick auf die letzten beiden Festivalausgaben erläutern: [soundcheck philosophie] #4 fand 2016 unter dem Titel „Macht_Denken!“ statt. Bei dieser Festivalausgabe wurde nicht nur in unterschiedlichen Formaten über unterschiedliche Aspekte von Macht und Machtausübung nachgedacht, sondern „Macht“ und „Machtausübung“ wurde in den Formaten auch bewusst performativ und spielerisch inszeniert und damit in anderer Weise einer kritischen Reflexion zugänglich gemacht. (Die Beiträge der philosophischen Tagung zum Festival sind 2018 als Buch beim TRANSCRIPT Verlag Bielefeld erschienen.

Noch stärker forderte [soundcheck philosophie] #5 2019 unter dem Titel „Am Nerv der Demokratie“ dazu heraus, sich über die Verschränkung inhaltlicher und gestalterischer Fragen bei der Realisierung des Festival-Themas „Demokratie“ Gedanken zu machen: Wie kann man Räume und Settings für ein gelingendes gemeinsames öffentliches und demokratisches Miteinander-Sprechen, -Denken und -Entscheiden kreieren – auch im Rahmen des Festivals selber?

Die an [soundcheck philosophie] beteiligten Akteur*innen stammen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum. Wenn sie auf dem Festival theoretisch wie praktisch über das Wie, d.h. über die Formen der Vermittlung von Philosophie reflektieren, so impliziert das immer auch ein kritisches Nachdenken über die „Normalformen“ des Philosophie-Lehrens und des Miteinander-Sprechens an den Universitäten und im Philosophie-Unterricht an Schulen. Das, was an neuen performativen Formen des (öffentlichen) Philosophierens auf dem Festival [soundcheck philosophie] erprobt wird, versteht sich auch als kritische Anregung für die Verbesserung der universitären wie schulischen Philosophie-Vermittlungspraxis. 2019 erschien ein Schwerpunktheft der Zeitschrift für Didaktik der Philosophie und Ethik zum Thema „Performative Philosophie“, das vor allem Beiträge von Akteur*innen des Festival-Netzwerkes enthält.

 

Soundcheck-Philosophie-Salons

In der Zeit zwischen den Festivalausgaben von [soundcheck philosophie] findet seit 2016 mehrmals jährlich in Leipzig der Soundcheck-Philosophie-Salon als Abendveranstaltung statt. Er verknüpft jeweils zu einem philosophischen Thema philosophische und künstlerische Beiträge im Rahmen von wechselnden kreativen Gesprächsformaten.

Zum Trägerverein des Festivals 

Träger des Festivals ist der Expedition Philosophie e.V. (angeschlossen: Internationale Gesellschaft für Performative Philosophie) mit Sitz in Leipzig. Der Verein organisiert neben dem [soundcheck philosophie]-Festival und den Soundcheck-Philosophie-Salons in Leipzig noch weitere Veranstaltungen, Tagungen, Symposien und Workshops an der Schnittstelle zwischen Philosophie, Kunst und Öffentlichkeit – sowohl in Leipzig als auch anderswo.

Der Verein betreibt darüber hinaus die deutschsprachige Informations- und Diskursplattform https://performativephilosophie.wordpress.com/, und er ist eingebunden in das internationale „Performance-Philosophy“-Netzwerk.